Von Beate Kesper und Doris Behrendt
Wer den Film Lord of War gesehen hat [1], wird sich
vielleicht an die Schlussszene erinnern. In dieser wird der Tatsache, dass die
USA, Großbritannien, Russland, Frankreich und China die weltweit fünf größten
Waffenlieferanten sind, die Tatsache gegenübergestellt, dass diese Nationen – und nur diese – einen ständigen Sitz
im Uno-Weltsicherheitsrat innehaben. Nun…die erste dieser beiden
Tatsachen trifft jetzt nicht mehr zu: Inzwischen ist Deutschland zum drittgrößten Waffenexporteur
der Welt aufgestiegen, nach den USA und Russland [2].
Wir wollen nicht in einem Land leben, das mit dem Tod von Menschen Geld verdient.
Gleichzeitig sind wir keine Leugner realpolitischer
Randbedingungen, eher im Gegenteil. Als alle sich über Köhlers Interview [3]
echauffierten, dachten sicher nicht nur wir: Was tut ihr nur alle so? Endlich sagt
es mal einer! Alle wollen es zwar im Winter schön warm haben und genug Geld, um
jedes Jahr nach Malle zu jetten. Aber dass das reiche fette Deutschland
hauptsächlich deswegen so reich und fett ist, weil der Export brummt und das Öl
(noch) fließt und dass das eben nicht selbstverständlich ist, darüber wird nur
in den Hinterzimmern diskutiert.
Was uns stört, ist, dass sich die Politik nicht
traut, gemeinsam mit den Bürgern offen über die Dilemmata, in denen Deutschland
hier steckt, zu sprechen. Zum Beispiel: Mit Unbehagen verfolgen wir schon lange
die Geschichten rund um den Saudi-Arabischen Panzer-Deal. Welche Gründe – außer
Geld – könnten hier eine Rolle spielen? Man kann lange googlen und doch findet
man kaum sachliche Argumente, die für diesen Deal sprechen. Unsere Interpretation:
Saudi-Arabien wird noch lange Öl haben. Wem werden die Saudis in 50 Jahren noch
Öl verkaufen? Wahrscheinlich bevorzugt den Staaten, die ihnen
Rüstungstechnologie liefern. Der Panzerdeal sichert uns also indirekt unseren Wohlstand
und auch teilweise die Unabhängigkeit von der Willkür Russlands.
Nebenbei, wir
liefern den Saudis nicht nur Hardware. Deutschland ist auch gut dabei, wenn es
um den Export von Überwachungstechnologie (Satelliten, Software, Support) geht.
Der Export von „Hardwarewaffen“ wird übrigens von staatlicher Seite
kontrolliert, der Export vom „Softwarewaffen“ nicht [4]. Gerade wir als
Piratenpartei mit unserem IT-affinen Hintergrund sollten uns hier nicht
wegducken, sondern Stellung beziehen.
Besonders pikant auch: 13 % der deutschen
Rüstungslieferungen in den Jahren 2005 bis 2009 gingen an Griechenland (vgl.
[2]). Der griechische Militärhaushalt im Jahr 2011 betrug ca. 5 Milliarden Euro
(vgl. [5]), das sind ca. 400 Euro pro Einwohner und Jahr. Böse Zungen könnten
behaupten, wir zahlten nur deshalb Hilfe an die Griechen, damit diese ihre
unbezahlten Rechnungen für bereits gelieferte Rüstungsgüter bezahlen können.
Wie
wollen wir Piraten uns nun zum Thema Waffenexport positionieren? Angesichts
dessen, dass die „Bedeutung der Waffenindustrie für den Standort Deutschland [.
. . ] von Lobbyisten ebenso wie von manchen Pazifisten übertrieben“ [6] wird,
angesichts dessen, dass im Jahr 2010 „der Anteil von Waffen am Gesamtexport
schmale 0,2%“ (a.a.O) betrug, scheint uns ein Zurückrudern zu einer sehr restriktiven
Handhabung der Waffenexporte nicht nur moralisch geboten, sondern auch
wirtschaftlich verkraftbar [8].
Wir beide würden sogar noch weiter gehen und
uns darüber freuen, wenn Deutschland auf diesem Gebiet genauso mutig wäre, wie
bei der Energiewende: Null Waffenexporte! Ein erster Schritt dahin könnte sein,
die Exportgarantien („Hermes-Bürgschaften“) für Rüstungsexporte drastisch
einzuschränken (vgl. z. B. [7]).
Viel wichtiger, als sich in ein Wettrennen mit
den Linken beim Formulieren von Utopien zu begeben, ist uns aber der offen und
ehrlich geführte Diskurs.
Quellen
[2] Berié, E., Löchel, C., von der Stein, G., Borgmann, S.: Der
neue Fischer Weltalmanach 2012 Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. Main
2011, S. 32f.
[3] vgl. Abschnitt Kontroverse um Auslandseinsätze, http://de.wikipedia.org/wiki/Horst_Köhler,
oder auch http://www.youtube.com/watch?v=-5Kfm2JIj9I
[4] vgl. etwa http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-82612663.html
oder http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-82612663.html
oder http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-81562318.html
oder http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-82612663.html
oder http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-81562318.html
[6] Jörg Lau: Weg mit der Waffe Die Zeit vom 1.08.2012
[7] http://www.bundeswehr-monitoring.de/fileadmin/user_upload/media/BT1601756.pdf[8] Außerdem kann man wohl davon ausgehen, dass der Arbeitsmarkt die von eventuellen Umstrukturierungen betroffenen Ingenieure leichter absorbieren wird, als das bei den „Schleckerfrauen“ der Fall ist ;-)
Wer mehr über sie erfahren will:
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